Mittwoch, 25. April 2012
so schnell und so langsam
mikr, 18:10h
Nach langer Zeit komme ich erst heute wieder hierher, denn zu aufreibend und traurig, mit Hoffnungsschimmer dann und wann, war die Zwischenzeit. Es ist kaum zu erklären, wie schnell der Tag und die Nacht vorbei sind durch die Fahrten zum Arzt, das Warten und Abholen der nachbestellten Medikamente, das Einkaufen der endlich einmal mit Appetit gegessenen Lebensmittel, der Zuruf auf noch einen Tee oder das zum Bett gebrachte Schmerzmittel. Der Wechsel der Stimmungen, die Gesichtsausdrücke und der Hautfarbe meines Mannes sind fast sekundenheftig. Und immer kommt noch etwas dazu: Isst er mit Appetit eine halbe Pizza, kommt sie in der Nacht wieder 'raus. Hatten wir Pellkartoffeln geplant, möchte er dann doch lieber Spargel. Haben wir Spargel fertig, verschlägt es ihm den Hunger. Ein Mittel zieht das nächste nach sich. Eins gegen Übelkeit, eins gegen Verstopfung, eins für weicheren Stuhl, Cortison, Blutdruckmittel und die gegen die Schmerzen als Pflaster und Tablette auf keinen Fall vergessen. Und plötzlich sieht er Alles doppelt. Durch die Opiate oder doch noch ein Tumor auf oder am Sehnerv. Die Chemotherapie soll beginnen, doch vorher gibt es noch dreimal ein Aufbaumittel. Gut verträglich. Aber nicht für meinen Mann: Er erbricht, er schwitzt, hat Alpträume, fühlt sich kraft- und mutlos. Kein Wort mehr über den zu erwartenden Haarausfall, den Verlust des Geschmacks und der Taubheit in Händen und Füßen. Fast schon nicht der Rede wert. Aber was wird gerade er noch erleiden? Wir sollen uns am Tag der Chemotherapie schöne Dinge vornehmen und geniessen. "Wozu ist denn sonst die Lebensverlängerung da!" sagt die Schwester. Schlecht geht es ihm am 2. oder 3. Tag danach. Also, wieder Termine verschieben oder doch lieber wieder alle absagen? Wer macht das noch mit?
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